Handlungsorientierter Unterricht als Kernaufgabe

Handlungsorientierter Unterricht ist kein Extra, sondern Kern guter Grundschulpraxis. Er verbindet Sprache, Denken und Tun – ganz im Sinne der Reformpädagogik: Lernen wird bedeutsam, wenn Kinder Abläufe kennenlernen, verstehen und nachvollziehen. Zugleich bereitet er auf das Leben vor: Wer fein schneidet, hygienisch arbeitet, sicher sägt, aufräumt und gemeinsam genießt, lernt nicht nur für die Schule, sondern für den Alltag. Gerade im Rahmen der Inklusion ist dieses Lernen am gemeinsamen Gegenstand besonders wertvoll – weil alle Kinder aktiv teilnehmen können und Zutrauen in ihre Fähigkeiten gewinnen. Es ist zugleich herausfordernd: Es braucht klare Strukturen, Zeit, verlässliche Routinen und wache Augen für Sicherheit.

Gestern startete ich zuerst in Klasse 4 mit Deutsch. Auf den Tischen lagen Schüsseln, Teller, Schneidebretter, Messbecher, Schneebesen und Küchenpapier; daneben Quark, Milch, Baguettes, Gurken, Möhren, gelbe und orange Paprika sowie große Bundware Schnittlauch und Petersilie – genau so, wie es die Fotos zeigen. Die Textsorte Vorgangsbeschreibung haben wir nicht nur besprochen, sondern umgesetzt: Quark in die Schüssel, mit etwas Milch glatt rühren, Kräuter fein hacken, Gemüse in Stifte und Scheiben schneiden. Wir haben besprochen und gezeigt, wie das Messer sicher geführt wird, wie der Arbeitsplatz vorbereitet ist und was beim Anrichten zählt. Auf den Bildern sieht man die Anleitung neben den Brettern liegen, das konzentrierte Messen, Rühren und Schneiden – und am Ende die ordentlich angerichteten Teller. Selbstverständlich gehörten Aufräumen, Abwaschen und Flächen wischen dazu. Höhepunkt: das gemeinsame Probieren. Klasse 1 bekam eine Kostprobe und fand sofort treffende Worte wie „cremig“, „frisch“ und „knackig“.

Anschließend ging es in Klasse 3 weiter mit Werken – die erste Begegnung mit der Laubsäge. Gemeinsam spannten wir das Sägeblatt ein, prüften die Zähne, fixierten das Werkstück und setzten die ersten Schnitte. Die ersten Bewegungen waren noch vorsichtig, dann wurde der Rhythmus ruhiger und sicherer. Auf der Werkbank sammelten sich kleine Holzteile – sichtbare Spuren des Lernwegs von der geraden Linie zur sauberen Kurve. Die Sicherheitsregeln begleiteten jeden Schritt: Finger außerhalb der Schnittlinie, Werkstück fest, ruhig sägen statt drücken. Natürlich tauchten auch kleine Frustmomente auf, wenn etwas nicht sofort klappte. Genau dort wird Lernen sichtbar: Haltung korrigieren, Tempo anpassen, neu ansetzen – und sich über den gelungenen Schnitt freuen.

Solche Stunden sind intensiv. Als Lehrkraft wünscht man sich dabei manchmal zehn Arme. Umso dankbarer war ich für die Unterstützung unseres Praktikanten, der mitgedacht, erklärt und an vielen Stellen die dritte Hand ersetzt hat. Das hilft besonders in inklusiven Lerngruppen, in denen unterschiedliche Voraussetzungen zusammenkommen und jeder sichere Schnitt, jeder saubere Arbeitsplatz und jeder gelungene Arbeitsschritt ein echtes Erfolgserlebnis ist.

Mein Fazit: Handlungsorientierter Unterricht führt Kinder von der Theorie in die Praxis – und wieder zurück. Er stärkt Sprache, fachliche Genauigkeit, Verantwortungsübernahme und Zusammenarbeit. Vor allem aber macht er deutlich, dass Schule dort relevant wird, wo Kinder etwas für ihre Lebenspraxis lernen.

Und der unvermeidliche Spoiler: Der Kräuterquark war ein voller Erfolg – und es sind alle Finger dran geblieben.

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